Die Kehrseite zu viel Offenheit gegenüber Mitarbeitenden
Wie viel Offenheit ist zu viel?
Ein zentrales Prinzip beim Aufbau eines wertvolleren Unternehmens ist, dass es auch ohne Sie funktionieren kann – indem Sie Führungskräfte dazu bringen, wie Unternehmer zu denken.
Die Theorie dahinter: Mitarbeitende, die Verantwortung übernehmen, sind am besten in der Lage, die schwierigsten Probleme eines Unternehmens zu lösen – schliesslich sind sie näher dran am Tagesgeschäft. Solch ein Engagement kann zudem die Unternehmenskultur positiv prägen, weil sich Menschen stärker mit einem gemeinsamen Ziel identifizieren.
Aber: Dieses Potenzial kann ins Gegenteil umschlagen, wenn man es mit der Offenheit übertreibt.
Fallbeispiel: American Data Company
Josh Holtzman gründete 2003 die Beratungsfirma American Data Company. Bis 2011 hatte er den Umsatz auf über 3 Millionen Dollar gesteigert. Sein neues Ziel: den Umsatz auf 15 Millionen Dollar zu bringen – mit dem Hintergedanken, seinen Mitarbeitenden dadurch mehr Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten und beim späteren Exit (also dem vollständigen oder teilweisen Verkauf) einen besseren Multiplikator zu erzielen.
„Fifteen Cubed“ – Die Vision
Um sein Team für dieses Ziel zu begeistern, erfand Holtzman das Konzept „Fifteen Cubed“:
· 15 Millionen Umsatz
· bis zum Jahr 2015
· mit einer Beteiligung von 15 % für die Mitarbeitenden beim Verkauf – über virtuelle Aktien (phantom stocks).
Er verkündete das Ziel öffentlich im Unternehmen und verteilte „Fifteen Cubed“-Armbänder als tägliche Erinnerung an die gemeinsame Mission – und an die persönliche Belohnung, sollte sie gelingen.
Ernüchterung statt Durchbruch
Anfangs war die Begeisterung gross. Doch nach einem Jahr war kein nennenswertes Wachstum in Sicht. Auch im darauffolgenden Jahr stagnierte der Umsatz weiter bei 3–4 Millionen Dollar.
Das Ziel von 15 Millionen schien zunehmend unrealistisch. Holtzman sah nur eine Option: den Zusammenschluss mit einem deutlich grösseren Unternehmen. Er tauschte seine Anteile an American Data gegen eine Minderheitsbeteiligung an Magnet 360, einem fünfmal grösseren Beratungshaus.
Die Fusion der beiden Unternehmen überschritt zwar die 15-Millionen-Grenze – und Holtzmans Team wurde in das Phantom-Stock-Programm von Magnet 360 aufgenommen. Doch durch die Beteiligungsstruktur war ihr Anteil verwässert. Es war ein gutes Ergebnis – aber kein grosser Wurf.
Transparenz ist ein zweischneidiges Schwert
Offenheit kann enorm motivierend wirken – wenn es gut läuft. Wenn die Zahlen steigen und alle Diagramme nach oben zeigen, kann das die Stimmung im Unternehmen beflügeln.
Doch genau wie ein hoher Fremdfinanzierungsanteil beim Immobilienkauf Gewinne in Boomzeiten verstärkt – und Verluste in schlechten Zeiten – kann übertriebene Offenheit zum Bumerang werden, wenn die Ziele nicht erreicht werden.
Als Unternehmer sind Sie es gewohnt, mit Unsicherheit umzugehen – und wahrscheinlich sind Sie von Natur aus optimistischer als andere. Doch denken Sie daran: Ihre Mitarbeitenden haben sich bewusst gegen das Unternehmertum entschieden. Für manche von ihnen kann zu viel Information zu viel sein.