Denken vs. Handeln: Das Dilemma des Unternehmers
Wie solltest du deine Zeit auf diese beiden Rollen aufteilen, wenn dein Ziel ein wertvolleres Unternehmen ist?
Eine stetige Brise aus Nordwesten kühlt den warmen karibischen Nachmittag. Zwischen einer Palme und dem türkisfarbenen Wasser erblickst du einen Mann, der liest. Es sieht aus, als würde er arbeiten – was bei seinem Auftritt eher ungewöhnlich wirkt: zottelige blonde Haare, Leinenhemd, Badeshorts und Flip-Flops.
Du blinzelst und erkennst: Es ist Richard Branson. Er leitet die Virgin Group Ltd., ein Milliardenkonglomerat, und arbeitet dort, wo er es am liebsten tut: auf Necker Island, einem 30 Hektar großen Rückzugsort, der ihm in den Britischen Jungferninseln gehört.
Branson ist natürlich kein nachlässiger Unternehmer. Er hat fähige Manager, die das Tagesgeschäft seiner zahlreichen Unternehmen führen. Das gibt ihm den Freiraum, zu denken.
Der Lokführer vs. der Visionär
Deine Rolle als Unternehmer lässt sich in zwei Bereiche aufteilen: Management und Vision.
Im Management-Bereich sorgst du sinnbildlich dafür, dass die Züge pünktlich fahren. Du setzt Ziele für deine Mitarbeitenden und kontrollierst ihre Ergebnisse. Du achtest auf die Qualität deiner Produkte oder Dienstleistungen und darauf, dass deine wichtigsten Kunden zufrieden sind.
In dieser Rolle optimierst du ständig Prozesse, suchst nach Verbesserungen im Alltag. Was in Konzernen als "Six Sigma" bekannt ist, verstehst du intuitiv als "einfach gute Unternehmensführung".
Der zweite Bereich ist das Denken. Hier schaffst du Zukunft: neue Ideen, neue Produkte, neue Wege, Kunden zu begeistern. Du entwirfst das Morgen deines Unternehmens, statt dich ausschließlich um das Heute zu sorgen.
Die wertvollsten Unternehmen
Wie solltest du deine Zeit auf diese beiden Rollen aufteilen, wenn dein Ziel ein wertvolleres Unternehmen ist? Unsere Daten zeigen: Wer den Unternehmenswert nachhaltig steigern will – um eines Tages vielleicht zu verkaufen – sollte zunehmend in die Rolle des Visionärs wechseln und für das Tagesgeschäft eine kompetente Leitung einsetzen.
Eine Analyse von über 20.000 Unternehmen mit Value Builder Score ergab: Unternehmen, deren Inhaber ihre Kunden noch beim Vornamen kennen (also stark im operativen Geschäft involviert sind), erzielen lediglich das 2,9-fache ihres Vorsteuergewinns beim Verkauf. Unternehmen hingegen, deren Inhaber weniger operativ eingebunden sind, werden eher mit dem 5-fachen bewertet.
Noch deutlicher wird es, wenn man betrachtet, wie sehr ein Unternehmen unter der Abwesenheit seines Inhabers leidet. Ist der Inhaber unentbehrlich, sinkt der Verkaufswert deutlich.
Wir befragten auch M&A-Experten, welche C-Level-Position sie für die wichtigste halten, wenn ein Unternehmer nur eine einzige besetzen kann. Das Ergebnis war eindeutig: Ein General Manager bzw. eine rechte Hand ist bedeutender als CFO, CMO oder CRO.
Kurz: Die wertvollsten Unternehmen werden von Unternehmern geführt, die sich zunehmend dem Denken widmen und das Handeln anderen überlassen.